Vom Sportabzeichen zum Seniorenwettkampf
Im Januar 2017 habe ich einen Bericht über erfolgreiche Teilnehmer des TV Planegg-Krailling beim Sportabzeichen im Lokalteil des MM gelesen. Unter den aufgelisteten Teilnehmern war auch eine Arbeitskollegin, die mir begeistert berichtete, dass es dafür sogar ein Training gibt, das v.a. für Leute geeignet ist, die sich nach langer Leichtathletik-Abstinenz (bei mir immerhin über 35 Jahre) wieder auf Aschenbahn und in Sprunggrube wagen wollen. Ich habe also nicht lange gefackelt und mich neugierig Freitagabend auf den Weg nach Krailling gemacht. Von der munteren, sportbegeisterten Gruppe aus Gleichgesinnten wurde ich sehr herzlich aufgenommen und mir wurde sogleich berichtet, dass „der Mann da ganz hinten übrigens der Seniorenweltmeister im 100m Lauf ist“. Ich war beeindruckt! Ein Weltmeister, hier in unserer Gruppe! Das fängt ja gut an, dachte ich mir und hoffte, mich in meiner ersten Sportstunde nicht zu sehr zu blamieren.
So schlecht habe ich mich wohl nicht angestellt, konnte ich doch im Februar 2018 voller Stolz und trotz einer 4-monatigen Verletzungspause mein erstes Sportabzeichen in Gold in Empfang nehmen. Das war Ansporn genug, mit der netten Truppe dann jeden Freitag weiter zu trainieren. Die Ergebnisse bei der Abnahme konnten sich sehen lassen und, nachdem man mir stolz von Seniorenweltmeister Rudi Böckls früherer Teilnahme an diversen Wettkämpfen vorgeschwärmt hatte, habe ich ein wenig nachgelesen, was das überhaupt für Wettkämpfe sind. Ich hatte noch nichts von Seniorenwettkämpfen gehört oder gelesen, und schon gar nicht von Europa-und Weltmeisterschaften für Senioren. Wieder war ich beeindruckt ob der erzielten Leistungen, hatte ich doch dabei meinen Vater vor Augen, dem Sport von jeher ein Grauen war, und der sich im vorgerückten Alter redlich abmühte seinem Gehwägelchen hinterher zu kommen. Was für beeindruckende Menschen habe ich da im Gegensatz in unserer Sportabzeichen-Gruppe kennengelernt, die sich fit und gestählt dank des stetigen Trainings furchtlos mit zum Teil über 80 Jahren noch dem Hoch-und Weitsprung stellen!
Meine Recherchen haben mich dabei auch zu Seniorensportfesten im Umkreis von München geführt. Nach Überprüfung der dort in den letzten Jahren erzielten Leistungen in meiner Altersklasse, keimte in mir der Gedanke, dass meine Leistungen, vor allem im Kugelstoßen, gar nicht so weit weg sind von den dort erzielten Ergebnissen und dass ich vielleicht sogar auch an solchen kleineren Wettkämpfen teilnehmen könnte…..
Nach ein wenig Extratraining für Kugelstoßen, Diskus und Schleuderball habe ich mich am 07.09.2019 mutig zum Herbstwerfertag nach Rehling begeben. Mit meinen erzielten 8,49m im Kugelstoßen und 25,48m beim Schleuderball war ich mehr als zufrieden. Zudem durfte ich dort Almut Brömmel kennenlernen, die 1956 und 1960 an Olympischen Spielen (!!) teilgenommen hatte und selbst jetzt mit 83 Jahren immer noch beindruckende Leistungen abliefert. Wieder durchforstete ich die Termindatenbank nach geeigneten Veranstaltungen und bin am 4.10.2019 nach Grafing zum Moosacher Werfertag gefahren. Das Wetter spielte leider nicht ganz mit, es war kalt und regnerisch. Das war wohl der Grund, warum es diesmal nur zu 8,26m im Kugelstoßen und 16,76m beim Diskus gereicht hat. Aber gleich mehrere Teilnehmer haben mir dort begeistert vom Zucheringer Werfertag berichtet und mich gefragt, ob ich auch dort teilnehmen möchte. Ich wollte! Wie sich später bei meiner telefonischen Anmeldung herausstellte, war der Organisator des Zucheringer Werfertags einer der Moosacher Teilnehmer. Er hat extra betont, dass meine Leistungen durchaus „gut genug“ für Wettkämpfe sind und er sich sehr darüber freut, dass ich in Zuchering teilnehmen werde. Herrliches Wetter begrüßte uns Teilnehmer am 12.10.2019 in Zuchering. Diesmal war das Starterfeld bei den Seniorinnen ein wenig größer und es fanden sich bekannte Namen wie Almut Brömmel, Margarete Tomanek, Evi Nohl und Agnes Düll auf der Teilnehmerliste (es lohnt sich diese Namen zu googeln!). Voller Ehrfurcht habe ich mich den „grandes Dames“ der diversen Wurfdisziplinen genähert und dann zu meiner freudigen Überraschung festgestellt, dass diese Damen ganz „normale“ Sportlerinnen ohne jegliche Allüren sind, die sich tatsächlich gefreut haben, mal ein neues Gesicht beim Werfertag zu sehen. Meiner schüchternen Bitte, mir die Diskus-Technik nochmals zu zeigen, wurde ohne Zögern von allen Vieren eifrig nachgekommen. Mit allem hatte ich gerechnet, aber nicht damit, dass mir, dem Greenhorn im Diskuswerfen, Welt-und Europameisterinnen ohne jegliche Überheblichkeit zeigen, wie man sich richtig zum Abwurfsektor platziert, man den Diskus richtig hält, in welchem Winkel man richtig abwirft usw. Die erzielte Weite war zweitrangig, wichtiger war vielmehr die Möglichkeit von den Besten zu lernen und trotz der nicht berauschenden Leistung angefeuert und unterstützt zu werden. Einziger Wermutstropfen in Zuchering war, dass ich im Kugelstoß-Wettbewerb Agnes Düll den Vortritt lassen musste, die das Glück mit 8,56m auf ihrer Seite und mich um 1 cm (!!) in ihrem 5. Versuch übertroffen hatte. Aber diese Niederlage war schnell verschmerzt, nachdem mich Agnes, Almut, Eva und Margarete zum Abschied umarmt und mir das Versprechen abgenommen hatten, nächstes Jahr wieder mit dabei zu sein. Wer nun denkt diese Veranstaltungen seien reine Seniorenwettbewerbe, irrt. Bei vielen Wettbewerben „duellieren“ sich die Senioren mit der Jugend (ab U20) und treten in sog. gemischten Wettbewerben miteinander an. Gegenseitiger Respekt und Anerkennung für die jeweiligen Leistungen prägen diese Wettkämpfe und nicht selten liegen die Ergebnisse der „älteren Semester“ vor denen der „jungen Hupfer“.
Für dieses Jahr ist die Saison der Seniorenwurfveranstaltungen beendet. Ob ich nächstes Jahr wieder an Wettkämpfen teilnehme? Das werde ich ad hoc entscheiden und davon abhängig machen, ob die Gesundheit mitspielt und vor allem davon, wo die Wettkämpfe stattfinden, da ich nicht länger als 1 Stunde zu den Wettkampfstätten anreisen möchte. Die Bayrischen Meisterschaften finden nächstes Jahr z.B. in der Oberpfalz statt. Von meinen Eltern aus braucht man nur 30 Min. nach Bogen..…
Irene Arnold-Ammer